Evangelische Kirchengemeinde

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„Wir danken Gott für seinen Segen, den er uns vielfältig auch nach schwierigen Etappen immer wieder geschenkt hat.“

Kanzelrede von Wolfgang Hörter, Ortsbürgermeister in Isert, am Sonntag, den 21. Mai 2023

Die Ev. Kirchengemeinde Hilgenroth lädt nicht ordinierte Personen aus Politik und Gesellschaft ein, um in einem Gottesdienst eine Kanzelrede zu halten. Die Kanzelrede von Wolfgang Hörter können Sie hier nachlesen.

 

Liebe Gemeinde,
sehr geehrte Damen und Herren,

herzlich willkommen. Ich freue mich, dass ich heute hier eine Kanzelrede vortragen darf und heiße Sie recht herzlich willkommen. Ein ganz besonderer Gruß gilt dem Hausherrn Pfarrer Triebel-Kulpe und all denen, die ein Ehrenamt begleiten, oder begleitet haben, da ich mir in meiner Kanzelrede Gedanken über das Ehrenamt machen werde.

Auf unserem Leckerbissen am Bürgerhaus im vergangenen Jahr in Isert kamen Pfarrer Jochen Triebel-Kulpe und ich ins Gespräch über die Kanzelrede. Ich sagte ihm dass ich mir vorstellen könnte einmal eine Kanzelrede zu halten und zwar über das Ehrenamt. Ehrenamt deshalb, weil ich selbst schon lange Ehrenamtler bin und ich mir schon Sorgen mache ob das Ehrenamt in der Form, wo und wie es ja in vielen Institutionen, Vereinen, der Kirche usw. geleistet und gelebt wird noch Zukunft hat.

Als ich mit 7 Jahren anfing Fußball zu spielen wurde ich immer von einem Betreuer zu Hause abgeholt und nach dem Training und dem Spiel wieder nach Hause gebracht. Das hat mich geprägt und so war es für mich dann mit 18 Jahren selbstverständlich ehrenamtlich im Fußballsport zu arbeiten.

Was versteht man eigentlich unter einer ehrenamtlichen Tätigkeit? Eine ehrenamtliche Tätigkeit ist das Ausüben einer nicht bezahlten Aufgabe, die der Gesellschaft dient. Es sind freiwillige, unentgeltliche, dem Gemeinwohl orientierte Tätigkeiten. Bei einigen ist es das innere Bedürfnis Menschen zu helfen. Sei es aus persönlichen Entbehrungen, die Familie, Freunde, Bekannte erleiden, oder einfach der Spaß an dem Projekt. Die Dankbarkeit anderer ist für sie dabei Bezahlung genug.

Unsere Gesellschaft braucht das Ehrenamt!

Das Ehrenamt hat in unserem täglichen Leben eine enorme Bedeutung bekommen. Es ist für viele von uns kaum vorstellbar, dass Einzelpersonen, Gruppen freiwillig und unentgeltlich Arbeit leistet.

Die Zivilgesellschaft Deutschlands ist ohne das freiwillige Engagement der Bürger und Bürgerinnen in ihrer jetzigen Ausprägung nicht mehr vorstellbar.

In Deutschland arbeiten nach einer Untersuchung rund 40% Männer und knapp 42 % Frauen ehrenamtlich, das sind ca. 25 Millionen unserer Bürgerinnen und Bürger die sich in rund 600000 Tausend eingetragenen Vereinen und 16000 Tausend Stiftungen engagieren. Hinzu kommen noch bürgerschaftliche Initiativen in nicht organisierter Form. Gerade jetzt nach der Flutkatastrophe im Ahrtal, dem Ukraine Krieg ist in diesen Hilfsbereichen die Zahl der ehrenamtlichen Helfer/Helferinnen enorm angestiegen. Die Kirche zählt neben Sport, Schule, Kindertagesstätten, Kultur und Sozialem zu den größten Engagementbereichen in Deutschland. Doch es wird in fast allen Bereichen immer schwieriger Nachfolger/-innen zu finden, denn auch die ehrenamtliche Tätigkeit unterliegt einem gesellschaftlichen Wandel. Viele klagen darüber, dass die Bereitschaft zur ehrenamtlichen Tätigkeit zurückgehe. Vielleicht müssen sich Verantwortliche fragen lassen ob sie für die jüngere Generation mit ihren neuen Lebensformen und ihren veränderten Anschauungen noch attraktiv genug sind. Aber wir brauchen Jung und Alt. Ideal wäre es, wenn das Ehrenamt wie ein Staffellauf funktioniert. Das Alter hat die Erfahrung und die gute Vernetzung, die Jugend die frischen Ideen und die neuen Kontakte. Wenn dann das Staffelholz übergeben wird, dann bedeutet dies auch noch das Mitwirken des Erfahrenen als Mediator, als Berater, als Förderer. Wenn dies gelingt, dann wird die Einarbeitung des jungen Ehrenamts ein Erfolg und ein Gewinn. Dazu gehört aber von beiden Seiten Mut. Beide Seiten „Jung und Alt“ müssen gegenseitig zuhören können. Die jahrelange Erfahrung gemixt mit den neuen, frischen Ideen der Jugend wird dann auch weiterhin Erfolg versprechen. Die älteren Ehrenamtler/-innen müssen den Mut haben die Jugend zu fördern und das Vertrauen Dinge zu ändern und die Anerkennung für die Leistung. Es würde zu weit führen, wenn ich zu allen Bereichen, wo Ehrenamt geleistet wird etwas sage, deshalb möchte ich mich nur auf 3 Bereiche konzentrieren. Beginnen möchte ich mit dem kommunalen Ehrenamt. Über 2600 Ortsgemeinden in Rheinland-Pfalz werden ehrenamtlich geführt.

Unser erster Bundespräsident Theodor Heus, hat einmal gesagt „Demokratie lebt vom Ehrenamt“. Ich denke unser Gemeinwesen lebt von der Mitwirkung und Mitgestaltung seiner Bürgerinnen und Bürger. Sich aus freien Stücken für die Allgemeinheit einzusetzen oder auch nur für den „Nächsten“ das ist Ausdruck von Verantwortung und von Solidarität für die Gemeinschaft. Dies trifft auch auf unsere kommunale Selbstverwaltung zu. Sicherlich gibt es hier für die Ortsbürgermeister/-innen einen Ehrensold/Aufwandsentschädigung. Aber seit Jahren nehmen die Aufgaben für die ehrenamtlich geführten Ortsgemeinden, für die Bürgermeister- und Bürgermeisterinnen und die Ratsmitglieder zu. Neben einem deutlich erhöhten Aufwand für die Bürokratie , finanziellem Druck für die Haushalte stehen gerade in der jetzigen Zeit Maßnahmen verschiedenster Art für den Klimaschutz an, die ja in den Gemeinden entschieden werden und umgesetzt werden müssen. 

Aber hier zeigt sich eine Entwicklung ab, dass es oft fehlt an jungen Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern. Denke hier ist ein „Umdenken“ gefordert. Muss ich als Gemeinderatsmitglied auf jede Veranstaltung, sei es das Kindergarten- ,Sport- oder Feuerwehrfest jede Eröffnung oder Ausstellung. Mache ich nicht lieber Überstunden, treibe Sport oder genieße meine Freizeit? Oft sind diese Veranstaltungen ja dann, wenn die eigenen Kinder oder Partner Zeit haben und Zeit benötigen. Ich denke gerade jetzt brauchen wir immer mehr junge Männer, Frauen, Väter und Mütter die in unseren dörflich geprägten Strukturen die Zukunft unserer Gemeinden mitbestimmen. Wir müssen uns auch darüber Gedanken machen ob wir nicht die traditionelle Ratssitzung zu familiengerechteren Uhrzeiten terminieren. Es muss daran gearbeitet werden, dass Familie, Beruf und Gemeinderatsmandat vereinbar sind durch gestraffte Sitzungen ohne ellenlange Diskussionen. Vielleicht hilft da ein Zeitmanagement was vorgegeben wird. Dazu gehört auch und dies wurde ja in den letzten 2 Jahren verstärkt genutzt der digitale Austausch. Vielleicht können mit Unterstützung der politisch Verantwortlichen in unseren Schulen Arbeitsgemeinschaften gebildet werden, wo das kommunale Ehrenamt, aber generell das Ehrenamt behandelt werden.

Eine Gesellschaft ist reich, wenn Sie viele Menschen hat die durch Ihre ehrenamtliche Tätigkeiten und da auch an der Basis, wo es in der Regel ja oft fehlt , durch Ihren Einsatz viel der Arbeit und der Probleme auffangen, die staatliche Institutionen nicht auffangen und leisten können.

Für den Amateurfußball gibt es ein Modell der Europäischen Fußballunion, womit der gesellschaftliche Wert für die Wirtschaft und das Gesundheitssystem berechnet und beziffert werden kann. Dieses Modell ist sicherlich auch auf kirchliche Bereiche, Feuerwehren und zahlreiche andere Vereine und Institutionen anzuwenden.

So arbeiten in den Vereinen des Fußballverband Rheinland rund 47000 ehrenamtliche Vorstandsmitglieder, ehrenamtliche Trainerinnen und Trainer usw. Damit profitiert zum Bsp. unsere Gesellschaft von Leistungen in sozialen Bereichen von rund 127 Millionen, wirtschaftlich von 133 Millionen, und im Gesundheitswesen von 129 Millionen. Als langjähriger Mitarbeiter im Kreisvorstand des Fußballkreis Westerwald/Sieg bekomme ich die Probleme der Vereine hautnah mit. Viele Vereine haben Sorge um Ihren Fortbestand, da Mitglieder fehlen, die bereit sind Vorstandstätigkeiten zu übernehmen. Nicht nur im Fußball ist dies ein großes Problem. Viele Vereine, aus allen gesellschaftlichen Bereichen, viele Organisationen klagen darüber, dass sie die Vorstände nicht mehr besetzen können.

Ich habe in der Bibel einmal gesucht ob es da Stellen gibt, wo das Ehrenamt angesprochen wird. So schreibt Lukas 10 (30-37 über den barmherzigen Samariter der sich um einen Mitmenschen kümmert.

Die Apostelgeschichte 2 43-47 berichtet „das sich die Gemeindemitglieder unterstützen und füreinander da waren. Paulus schreibt im 1. Korintherbrief 12. 4- 11) von den vielen verschiedenen Begabungen, die in den Gemeinden vorhanden sind und die zum Wohl aller und mit Gottes Beistand eingesetzt werden. Und daran hat sich nicht`s geändert. Mehr denn je ist das Ehrenamt wichtig und sicher auch in einigen kirchlichen Bereichen unverzichtbar. Sei es die Mitorganisation und Hilfe bei Veranstaltungen oder der vielfältige Einsatz in kirchlichen Gremien, Arbeitskreisen und, und …

 Mir vermittelt sich generell oft der Eindruck, dass das ehrenamtliche Engagement und das nicht nur in kirchlichen oder sozialen Bereichen, von großen Teilen unserer Gesellschaft als selbstverständlich angesehen wird. Hinzu kommt, dass Kritik an den Tätigkeiten auszuüben leichter fällt – als vielleicht einmal „Danke zu sagen.

Ob Vereine , Kirche, Klimaschutzinitiativen , kommunale Verwaltungen , Gesundheitsdienste, Soziale und gemeinnützige Verbände, oder lokales Handwerk, wenn viele verschiedene Organisationen zusammenarbeiten, dann entstehen gemeinsame Ideen und Kräfte in Verbindung mit dem Ehrenamt, die dann gebündelt für eine Umsetzung vieler Objekte sorgen.

 

Ich finde es eine tolle Sache, dass in fast allen Bereichen wo das Ehrenamt ausgeübt wird seitens der Vereine, Organisationen und Träger Ehrungen stattfinden. Das ist eine Auszeichnung die ein wichtiges Zeichen setzt und ist für die Wertschätzung des Ehrenamts von großer Bedeutung.

 Auch die Kommunen, wie u.a .vor Ort die VG Altenkirchen-Flammersfeld gibt sogenannte Ehrenamtskarten an im Ehrenamt engagierte Personen aus. Entsprechende Infos dazu gibt es über die Homepage der Verbandsgemeinde. Mit diesen Auszeichnungen sind freier oder ermäßigter Eintritt bei kulturellen Veranstaltungen oder dem Hallenbad verbunden. Es gibt sogar Jubiläums-Ehrenamtskarten für 25 Jahre Ehrenamt. Landesweit werden schon seit 20 Jahren Ehrenamtstage veranstaltet, wie in diesem Jahr in Haßloch in der Pfalz. Hier werden in großem Rahmen mit vielen Informationen rund um das Ehrenamt Personen, Gruppen und Projekte geehrt.

Ich hoffe, dass unsere Gesellschaft es schafft, das Ehrenamt auf Dauer zu erhalten und es seitens der Politik die nötige Aufmerksamkeit behält und wo es immer geht gefördert wird. Mein Dank gilt an dieser Stelle allen die dafür mitsorgen dass unsere Vereine, unsere Gemeinden, unsere verschiedensten Hilfsorganisationen lebendig bleiben, denn Sie sind es die das Ehrenamt aufrecht erhalten.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und scheuen Sie sich nicht Bekannte, Freunde, Nachbarn anzusprechen für ein Ehrenamt oder einfach mal „Danke“ zu sagen.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag und eine gute Zeit.

Wolfgang Hörter